Presse

Gothaer Allgemeine, 27.10.2007

Hart

Das Bad in der Menge, Feierliches, Einträge ins Goldene Buch - Oberbürgermeister von Gotha zu sein, kann Erfüllung bringen. aber da ist die Kehrseite. Was in der Stadt nicht läuft, was umstritten ist, dafür muss Knut Kreuch den Kopf hinhalten.

Der Abriss des Mohren könnte für Kreuch ein Nachspiel haben. So will es Rechtsanwalt Johannes Wasmuth aus München. Kreuch habe wertvolle Gebäudesubstanz mutwillig abreißen lassen. Eine schwache untere Denkmalschutzbehörde konnte nicht gegen ihren Chef an. Wasmuth will Konsequenzen und fordert das Nationalkomitee für Denkmalschutz auf, den Kreuch verliehenen Denkmalschutzpreis zurückzugeben. (richtig: abzuerkennen, Anm. d. Red.) Außerdem will er die Aberkennung der Zuständigkeit der Stadt Gotha als untere Denkmalschutzbehörde erwirken. - ein hartes Vorgehen. Ob es nur ein Sturm im Wasserglas ist, bleibt abzuwarten. (Vera Dähnert)

Gothaer Allgemeine, 06.10.2007

Volkshaus verschwindet

Der Abriss des Traditionsgasthauses „Zum Mohren" hat begonnen". Erst wurde entkernt, nun graben sich die Bagger ins Mauerwerk.

Das Ruder werde nicht herumgerissen, „ich folge dem Votum des Stadtrates, und das sagt: Abriss des Mohren", so Oberbürgermeister Knut Kreuch gestern. Bis zur letzten Minute hatte der Erfurter Architekt Elmar Nolte für den Erhalt des seit langer Zeit leer stehenden und völlig maroden Hauses gekämpft. Mitte September hatte er ein Sanierungskonzept vorgelegt, das sich auf das Kerngebäude bezieht und darin Wohnungen, Büros, einen Saal und Gastronomie vorsieht. Kostenpunkt rund 760 000 €. Aus Sicht der Stadtverwaltung sei ein Finanzierungskonzept nicht gewährleistet. Die Stadt hat indes mehrere Grundstücke in der Mohrenstraße gekauft, will darauf stehende marode Häuser abreißen und verfolgt für das Mohrenviertel ein neues Konzept in Verbindung mit einer neuen Verkehrsplanung.

Wie letztere mal aussehen wird, ist fraglich, denn laut Nolte ist eine Umsetzung der Verkehrsplanung – zwei Bundestrassen treffen sich in der Mohrenstraße, Verkehr über zwei Kreisel – finanziell nicht abgesichert, weil das Landesstraßenbauamt eine Beteiligung an den Kosten ablehnt und stattdessen eine Umgehungsstraße favorisiert. Außerdem sind Verkehrsprognosen für das Mohrenviertel nach unten korrigiert worden, so Elmar Nolte, so dass für einen Ausbau dieser Straße als Bundestrasse kein Bedarf besteht. Doch das ist Zukunftsmusik, aktuell verschwindet ein Kulturdenkmal von der Bildfläche. Im Jahre 1923 zeigte man mehr Interesse am Mohren. Damals wurden Volksaktien verkauft, um das Haus zu halten. (Vera Dähnert)

Thüringer Landeszeitung, 26.09.2007 

Mohren-Abriss zieht Kreise

Der bevorstehende Abriss des Gothaer Volkshauses zum Mohren zieht Kreise bis in die bayerische Metropole München. In einem offenen Brief nennt der Rechtsanwalt Dr. Johannes Wasmuth den Beschluss und Auftragsvergabe zum Abriss des Mohren "evident rechtswidrig".

Er fordert Oberbürgermeister Knut Kreuch (SPD) auf, die erteilte Erlaubnis zu widerrufen und die zum Abriss gefassten Beschlüsse zu beanstanden. Wasmuth argumentiert: Der Mohren ist ein Kulturdenkmal, damit liegt die Verpflichtung klar auf der Hand. Laut Thüringer Denkmalschutzgesetz sei die Stadt verpflichtet, "das Gebäude denkmalgerecht zu erhalten und pfleglich zu behandeln". Er kritisiert zudem: Die Stadt habe ihre Aufgabe als untere Denkmalschutzbehörde "sträflich vernachlässigt", weil sie gegenüber den vorherigen Eigentümern des Mohren nicht auf die Durchführung erforderlichen Erhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen gedrängt habe. Für die Zeit ab seinem Amtsantritt trage Kreuch dafür die rechtliche und politische Verantwortung. Hinzu komme, dass der Abriss des Mohren aus öffentlichen Sanierungsgeldern finanziert werde, die damit entgegen der gesetzlichen Verpflichtung eingesetzt werde.

Weiter kritisiert er, dass die Stadt nicht den geringsten Versuch unternommen habe, den Mohren zu erhalten und den Fortbestand des Gebäudes auch nicht bei den Verkehrsplanungen einbezogen habe. 

Im Gothaer Rathaus wird der offene Brief als Teil einer Kampagne zugunsten des Mohren bewertet. "Es sind mehrere inhaltsgleiche Schreiben eingegangen", so die Auskunft von Stadtpressesprecher Maik Märtin. Wegen der von Wasmuth geäußerten rechtlichen Bedenken hat Oberbürgermeister Knut Kreuch das Rechtsamt eingeschaltet. Wasmuths Vorhalt, die Stadt habe keine Legitimation für den Abriss, entgegnet Märtin: Die Stadt habe aus ihrer Absicht, den Mohren abzureißen, nie einen Hehl gemacht. Kreuch selbst verwies kürzlich im Stadtrat auf eine ganze Reihe von Beschlüssen, die allesamt die Weichen zum Abriss des Mohren gestellt haben. (Oliver Bauer)

Thüringer Allgemeine, 11.09.2007   

Gotha: Dem Mohren droht der Abriss  

Das traditionsreiche Haus zum Mohren in Gotha soll abgerissen werden . Dazu gab der Hauptausschuss des Stadtrates grünes Licht.

Es hatten noch einmal veranwortungsbewusste Gothaer den Tag des offenen Denkmals zum Protest genutzt. Jetzt aber sollen Bagger das Sagen haben. Die Geschichte des Gebäudes reicht von der Weltsynode der Herrenhuter um Nicolaus von Zinzendorf über Goethe und Napoleon bis zur USPD, die sich vor 90 Jahren hier gründete. Später zog dort die Deutsche Arbeitsfront der Nazis ein, bevor der Komplex nach dem Zweiten Weltkrieg (Anm.d.Red.: Bereits nach Erwerb durch die SPD 1907) Volkshaus zum Mohren wurde. Viele Jahre sahen die Verantwortlichen der Stadt tatenlos dem Verfall und dem beginnenden Einsturz zu. Inzwischen steht das teils verkommene Haus vermeintlich auch noch einem Verkehrskreisel im Wege. Denkmalpfleger wie Elmar Nolte und Gremien wie die Rosa-Luxemburg-Stiftung hatten sich vergeblich um das Gebäude bemüht. (Wolfgang Leissling)

Gothaer Allgemeine 10.09.2007

Abrissbagger bestellt: "Wir sind spät dran"

"Die Entscheidungen sind getroffen, der Abrissbagger ist bestellt - aber wir wollen nicht aufgeben!" Mit diesen Worten begann die Einladung der Kreistagsfraktion Die Linke zu einer Sondersitzung, die an etwa 130 Parteimitglieder, Sympathisanten und Freunde erging.

Erschienen waren am Samstagvormittag gerade einmal 16 Personen. "Rettung für den Mohren?!" - die Frage oder Forderung sollte nochmals diskutiert werden, um möglicherweise doch noch einen Weg zur Rettung des ehemaligen Volkshauses zu finden.

Fraktionsmitglied Nadja Jereschinski legte einleitend die aktuelle Situation dar. Danach sei rein rechtlich an den durch den Gothaer Stadtrat getroffenen Entscheidungen nicht mehr zu rütteln. Die Messen seien deshalb gesungen und der Kampf dadurch längst verloren. Die Frage "Haben wir eine gemeinsame Vision?" leitete die sich anschließende Diskussion ein. Angesichts des kleinen Häufleins der Anwesenden trat jedoch Ernüchterung ein. Professor Peter Arlt resümierte: "Die Mehrheit sieht keine Chance mehr." Die PDS hätte gleich nach 1990 den Mohren - eventuell im Rahmen einer Stiftung - erwerben sollen. Der Finanzierungsexperte Martin Mürb schätzte ein, dass dies bis zum Jahre 2000 noch möglich gewesen wäre. Heute liege der monatliche Finanzierungsbedarf bei etwa 40 000 Euro, die niemand erwirtschaften könnte. Außerdem sei mindestens ein Jahr nötig, um eine Finanzierung sicherzustellen - und dies ohne jegliche Garantie auf Erfolg. Der Fraktionsvorsitzende Bernd Fundheller betonte daraufhin, dass eine solche Diskussion und der dazu gehörige politische Druck erst vor einigen Monaten möglich geworden sei. Als Mitglied des Denkmalbeirats und Bauexperte schätzte Jens Fiebelkorn zunächst ein, dass die Bausubstanz des Mohren alles andere als abrissreif ist. Das derzeitige bürgerschaftliche Engagement reiche jedoch nicht aus. Andererseits warnte er vor der Umsetzung der Verkehrsnetzzielplanung, durch die Gotha-Ost abgeschnitten würde.

Als Fazit der zweistündigen Diskussion kam heraus, dass die derzeitige Gruppe viel zu klein ist, um eine solche Mammutaufgabe allein zu bewältigen. Zu einem ähnlichen Ergebnis war bereits Anfang 2003 eine vom Altstadtverein und Kommpottpora organisierte Diskussionsrunde gekommen. Trotzdem wurde die Fraktionsleitung beauftragt, nochmals ein Gespräch mit dem Gothaer Oberbürgermeister zu führen. Dieser hatte nämlich im Vorfeld zugesagt, den heute beginnenden Abriss von hinten anfangen zu lassen. Die Option zur Rettung des Haupthauses wäre somit noch immer nicht endgültig verbaut. Es bleibt die Frage: Brauchen und wollen die Gothaer wirklich noch "ihr" Volkshaus? (Matthias Wenzel) 

Gothaer Allgemeine, 06.09.2007

Abgesang für den Mohren

Auch wenn der Gothaer Stadtrat den Abriss des Hotels "Zum Mohren" beschlossen hat, möchte der Linke Kreisverband Gotha auf die Bedeutung des Traditionshauses hinweisen. Er wählte den Tag des offenen Denkmals dafür.

"Wir wollen den Abriss nicht widerstandslos hinnehmen" sagt Linke-Kreisvorsitzender Bernd Fundheller, schließlich sei das Hotel "Zum Mohren" eines der geschichtsträchtigsten Häuser Gothas. So hielten die Herrnhuter Brüdergemeinen unter Nicolaus von Zinzendorf 1740 ihre erste Synode in diesem Hause ab, Goethe kam 1775 zur Sylvesterredoute und Napoleon wohnte im Oktober 1803 darin. Vor 90 Jahren gründete sich im Mohren die USPD,die sehr schnell große Ppularität in Deutschland erreichte. In der Zeit der Nazi-Herrschaft war es das Haus der deutschen Arbeitsfront, und nach dem 2. Weltkrieg wurde es das Volkshaus Zum Mohren (Anm. d. Red.: Es wurde bereits nach Erwerb durch die SPD 1907 so genannt). Aus dieser Zeit haben viele Gothaer Erinnerungen an Zusammenkünfte. Ob das die Tanzstunde war oder der erste große Ball. Linke-Kreisverband und Stadtratsfraktion laden am 9. September von 15.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu einem Kaffeeplausch am Mohren ein. Wichtig sei, dass sich Leute finden, die über ihre Erlebnisse in diesem Haus erzählen können - vielleicht ein Abgesang.

Thüringer Staatsanzeiger Nr. 31, 30.07.2007

Gotha Residenzstadt

Öffentliche Ausschreibung VOB-ÖA-602/07/072 nach § 17 Nr. 1 VOB/A

a) Öffentlicher Auftraggeber: Stadt Gotha, Hauptmarkt 1, 99867 Gotha, Tel. 03621-222-205, Fax 03621-222-44

b) Vergabeverfahren: Öffentliche Ausschreibung nach VOB Teil A

c) Art des Auftrages: Abbruch ehemaliges Volkshaus "Zum Mohren" einschließlich der Nebengebude undaller Kellergeschosse

d) Ort der Ausführung: 99867 Gotha, Mohrenstraße 18 a (...)

(Kreuch, Oberbürgermeister)

Hamburger Abendblatt, 09.06.2007  

Wo das Weltbild Farbe bekam

Alte Versicherungspaläste und feudale Barockschlösser - die frühere Residenzstadt ist heute ein beeindruckendes Kulturdenkmal.

Die Gothaerin Sylvia Leifheit kam als Model in die große weite Welt, als Schauspielerin fuhr sie mit dem "Traumschiff" durch die Karibik. Sie (…) erhielt den Titel einer Business-Botschafterin und sagte zu, der Geschäftswelt Bescheid zu geben: "Gotha hat eine schöne Altstadt und ein schönes Schloss, das Hinfahren lohnt sich. Die aparte Blonde kennt die Potenziale der Stadt: Baudenkmäler, die auch einen wirtschaftlichen Standortvorteil bedeuten. Denn wo man Historie atmet und das Auge auf Wohlgefälligem ruht, da siedelt sich auch die Wirtschaft gern an. Dazu das Flair: Gotha war einst Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha und um einiges bedeutender als Erfurt und Weimar. Die Regenten waren keine verschnarchten Blaublüter, sie forderten und förderten Wissenschaften und Kultur auf hohem Niveau. 1775 hatte Gotha das erste feste Theater-Ensemble in deutschen Landen, die Fürsten gaben Hochbegabten Stipendien, finanzierten Forschungsreisen, bauten Bibliotheken, naturwissenschaftliche und Kunstsammlungen auf und schickten Werber in die großen Städte, um dort die Besten ihres Faches ins Mittelthüringische zu locken. In Gotha wurde das zuerst verwirklicht, was Stadtforscher schrumpfenden Metropolen heute dringend empfehlen: eine innovative Wissensgesellschaft zu etablieren.

Gotha liegt zwischen Südharz und Thüringer Wald und eigentlich recht verkehrsgünstig, die Autobahn führt in einigen Kilometern Abstand an der Stadt vorbei. Gothas Bahnhof war einst Zwischenstation der Strecke Paris-Warschau - doch er hat seinen früheren Glanz (noch) nicht wiedererlangt. Sobald das Zentrum erreicht ist, merkt der Besucher, dass er sich in einem einzigen großen Denkmal befindet. Erst kommt das Finanzviertel mit den prunkvollen Neorenaissance-Palästen früherer Banken und Versicherungen, fast alle bestens saniert. Hier wurde 1820 die erste Versicherung Deutschlands gegründet. Richtig, die "Gothaer". Eine geniale Idee des Geschäftsmannes Ernst Wilhelm Arnoldi, das Unternehmen eroberte von seinem "Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit" aus rasant die Welt. Es folgt übergangslos der Schlossbezirk mit den barocken Schlössern Friedenstein und Friedrichsthal, der Orangerie, dem neogotischen Marstall und dem Schlosspark. Dann das Winterpalais der Herzogin Caroline und das Prinzenpalais in der Altstadt (seit 1776 Residenz des Herzogs), historische Hotels wie das "Volkshaus zum Mohren", in dem einst Goethe und Napoleon logierten, und einige barocke Ackerbürgerhöfe, die Sternwarte von 1789 und das alte Naturkundemuseum. Und das alles in einer Stadt, die heute knapp über 50 000 Einwohner zählt.

(…) Gotha ist besonders. Jene Politiker der Stadt, die einige der alten Gebäude zum Abriss freigeben wollen, scheinen das nicht zu wissen. (…) Finanznot, Kürzungen und Sparprogramme bestimmen die Stadtgestaltung. Auf der Stirn von Martina Grauel, zuständig fürs Stadtmarketing, steht eine tiefe Falte, wenn sie darüber spricht. (…) (Roland Mischke)

Gothaer Allgemeine, 06.06.2007

Im Umbruch

Stadtrat entscheidet über Abriss des Gasthofes "Zum Mohren" und debattiert ein gigantisches Verkehrsvorhaben

Die Stadt Gotha hat den einstigen Gasthof "Zum Mohren" kürzlich ersteigert. Zur heutigen Stadtratssitzung soll das endgültige Aus des Gebäudes beschlossen werden, obwohl das Haus immer noch in der Denkmalliste der Stadt vom Oktober 2005 unter Profanbauten geführt wird.

Der Stadtrat wird wahrscheinlich dem Abriss des Mohren zustimmen, denn das Areal ist ein Schlüsselgrundstück für die Umsetzung des Verkehrsentwicklungsplanes der Stadt. Auf dem Grundstück ist eine stark gefährdete Bausubstanz zu finden, die abgebrochen werden soll, heißt es. Laut Landesverwaltungsamt ist das Vorhaben auch förderfähig. Die Kosten für den Abriss betragen voraussichtlich 190.000 Euro.

Der Abbruch des Mohren, eines der geschichtsträchtigsten Häuser der Stadt, ist erst der Anfang eines gigantische Bauvorhabens, das in den nächsten Jahren zur Ausführung kommen soll. Zum einen verschwindet der Busbahnhof, jede Menge Parkmöglichkeiten sollen auf dem Terrain entstehen, flankiert von zwei Fahrbahnen des Mühlgrabenweges. Auf der Kreuzung wird ein riesiger Kreisel gebaut, an dem sich Mühlgrabenweg, Friemarer Straße, Mohrenstraße und Mohrenberg treffen. Der Mohrenberg zweigt auch noch nach rechts ab und stößt bergauf auf die Kreuzung Gartenstraße, Huttenstraße, Hersdorfstraße. Dabei verschwinden ein Teil der Gebäude am Mohrenberg. Auf dem Parkplatz hinter dem sogenannten Katholischen Bahnhof sollen Reisebusse abgestellt werden können.

Zum anderen wird auch der Hersdorfplatz mit einem großen Kreisel versehen, an dem die Straßenbahnlinie 2 beidseitig vorbeifährt. Auch in diesem Bereich müssen einige Häuser abgebrochen werden. Dieser Abschnitt wird wohl besonders teuer, weil der Kreisel ja auf einer Brücke über den Wilden Graben gebaut werden muss.

Eine weitere sensible Angelegenheit steht auf der Tagesordnung des Stadtparlaments: Das Bahnhofsgebäude. Es befindet sich im Eigentum der Bahn AG. Diese hat nun einen Plan entwickelt, der den Erhalt des mittleren Gebäudeteiles des Empfangsgebäudes und dem Verbleib im Bahn-Eigentum vorsieht. Der Umbau und die Sanierung dieses Gebäudeteils will die Bahn durch den Verkauf der westlich und östlich angrenzenden Grundstücksflächen finanzieren, auf dem weitere abzubrechende Gebäudeteile liegen. Die Stadt wird die Flächen kaufen. Da das Gelände im Sanierungsgebiet liegt, können Grunderwerb, Rückbau und Sanierung durch die Städtebauförderung unterstützt werden.

Das Konzept sieht vor, westlich der Bahnhofshalle einen Kurzzeitparkplatz sowie Taxi-Haltestellen zu errichten. Östlich des Bahnhofs sind Fahrrad-Abstellflächen und Langzeitparkplätze vorgesehen. Von dort aus erfolgt über die bereits hergestellte Zufahrt auch die Anbindung an die Bahnhofshalle. Nach dem Umbau will die Bahn ihren DB-Service-Punkt in der Empfangshalle unterbringen.

(Heiko Stasjulevics)

Thüringer Landeszeitung, 01.06.2007

Ein Abgesang für den "Mohren"

Gesprächsrunde zum Thema Denkmalschutz in Gotha

'Am Abriss de "Mohren" geht wohl kein Weg vorbei. Das machte Oberbürgermeister Knut Kreuch während einer Gesprächsrunde mit Vertretern von Vereinen zum Thema Denkmalpflege in Gotha deutlich. Das Gebäude sei nicht mehr zu retten, sagte Kreuch. Wohl wissend, dass das beim Podium zur Sprache kommen werde, habe er den Mohren" kurz zuvor in Augenschein genommen. Sein Eindruck:" An Erhaltung braucht keiner zu denken. Es geht nur um Kopie. Und das ist so ziemlich die letzte Lösung, die Denkmalpfleger anstreben. Mittlerweile sei die Bausubstanz so heruntergekommen, dass sie nicht zu halten ist, stellt Sigrid Lehniger, Denkmalschutzbeauftragte der Stadt Gotha, fest. Jahrelanger Leerstand und ungeklärte Eigentumsverhältnisse hätten dazu beigetragen. Ein Gothaer verwies auf die geschichtliche Bedeutung des Mohren. Dem hielt Lehniger entgegen: Der "Mohren" bleibt ein Kulturdenkmal, auch wenn er aus den Augen verschwindet." (...)

Gothaer Allgemeine, 25.05.2007

Stadt Gotha kauft den Mohren

Bei Zwangsversteigerung gab sie mit 18.500 Euro höchstes Gebot. Wieder in einstigem Glanz erstrahlen aber wird es wohl nicht. Abriss des Hauses ist wahrscheinlich

Der ruinöse Gasthof "Zum Mohren" ist seit gestern Eigentum der Stadt Gotha. Sie war bei der Zwangsversteigerung die einzige Bieterin. Für 18.500 Euro hat sie die Grundstücke in der Mohrenstraße gekauft.

Aufatmen gestern um 14.40 Uhr: Der Spuk war vorbei. Die NPD hat ihre Ankündigung, das Haus "Zum Mohren" kaufen und dort ihre Landesgeschäftsstelle etablieren zu wollen, nicht wahrgemacht. Kein Gebot kam aus dieser Ecke.

Nur die Stadt Gotha signalisierte bei der Zwangsversteigerung im Amtsgericht Interesse an einem Kauf. Ihr erstes Gebot waren 5000 Euro. Um die öffentlich-rechtliche Schuldenlast mit der Kaufsumme auszugleichen zu können - sie liegt bei rund 9500 Euro unter anderem für die Grundsteuer -, erhöhte die Stadt ihr Gebot dann auf 18.500 Euro. Insgesamt sind die zur Zwangsversteigerung gekommenen Grundstücke, auf dem der Gasthof steht, und ein weiteres, das angrenzt, mit Schulden in zweistelliger Millionenhöhe belastet. Gläubiger sind unter anderem die Stadtwerke Gotha, eine Bank, das Finanzamt Gotha und die Gemeinde Hövelhof, aus der die Gastro Restaurants GmbH, die bisherige Besitzerin der Grundstücke, stammt. Sie gucken nach der Zwangsversteigerung in die Röhre, denn mit dem Verkauf werden alle im Grundbuch eingetragenen Rechte gelöscht, damit auch - bis auf die öffentlich-rechtlichen - alle weiteren Schulden. Lediglich der Sanierungsvermerk bleibt bestehen.

Der Stadtrat müsse nun entscheiden, was mit dem "Mohren" werden soll, so Stadtpressesprecher Maik Märtin. Man kann davon ausgehen, dass sie das unter Denkmalschutz stehende Gebäude nicht gekauft hat, um es zu sanieren, sondern, um es abreißen zu lassen. Seit Jahren existieren Pläne, das Grundstück in eine neue Verkehrsführung durch Gotha einzubeziehen. Dazu müsste zunächst der Sanierungsvermerk aufgehoben werden.

Vor dem Amtsgericht hatten Schüler und Vertreter unter anderem des Gothaer Aktionsbündnisses gegen rechte Gewalt Transparente entrollt, auf denen sie davor warnten, den "Mohren" an Rechte zu verkaufen. Schüler des Gymnasium Ernestinum waren spontan nach einer Ethik-Stunde zum Gericht gekommen. (Vera Dähnert)

Thüringische Landeszeitung 22.05.07

"Gasthaus Zum Mohren" wird versteigert.

In Gotha steht morgen das „Gasthaus zum Mohren" während einer Versteigerung unter dem Hammer. Dabei handelt es sich um ein durchaus geschichtsträchtiges Gebäude. Denn, in dem Gasthaus wurde 1919 die USPD gegründet, einer pazifistischen Abspaltung zur SPD. Inzwischen befindet sich das Gebäude nach Auskunft des NPD-Kreisverbandes Gotha in einem abrissreifen Zustand. Das Interesse, um das sanierungsbedürftige Gebäude, war bislang allerdings gleich Null. So steht inzwischen auch fest, dass das „Gasthaus" eigentlich abgerissen werden soll, für den Fall, dass sich nicht spätestens am morgigen Tag ein Käufer findet.

Hat man sich bis vor kurzem damit abgefunden, dass das Haus dann vermutlich der Abrissglocke zum Opfer fallen wird, so dürfte sich das Interesse an dem Objekt inzwischen wieder gesteigert werden. Grund dafür ist das vom NPD-Kreisverband Gotha bekundete Kaufinteresse. Dabei dürften finanzielle Schwierigkeiten zum Erwerb des Gebäudes, auch für eine von Finanzsorgen geplagte Partei wie der NPD keineswegs ein Problem darstellen. Liegt der Mindestpreis derzeit bei gerade mal 2 Euro.

Ob aber die Partei selbst ein tatsächliches Interesse an dem Gebäude hat, dürfte dabei fraglich sein. Zwar gibt die Partei vor, in dem Gebäude die NPD-Landesgeschäftsstelle einrichten zu wollen, allerdings kann es sich dabei ebenso um einen Bluff handeln, um die Stadt oder andere Investoren zu zwingen, das Gebäude vor dem Abriss zu retten. So heißt es unter anderem in einer Pressemeldung der NPD in Gotha „…Das ‚Gasthaus zum Mohren’ darf nicht der Abrißwut des Gothaer Oberbürgermeisters anheim fallen. Der ‚Mohren’ gehört zu Gotha wie das Schloß oder die Orangerie…". Sollte hinter dem Kaufinteresse tatsächlich der Gedanke im Vordergrund stehen, das Gasthaus lediglich vor der Abrisshaube retten zu wollen, so dürfte dem Kreisverband dieses Vorhaben bereits jetzt teilweise gelungen sein.

„…"Notfalls muss die Stadt den Mohren kaufen, um dem einen Riegel vorzuschieben", fordert Albrecht Loth für den Kreisverband Bündnis 90/Die Grünen und das Aktionsbündnis gegen rechte Gewalt…", heißt es in der Thüringischen Landeszeitung, kurz nach bekannt werden der nationalen Kaufabsicht. Wobei sich diese Panik um einen möglichen Kauf des Gebäudes durch die NPD in Grenzen hält. Zwar versichert der Kreisverband, dass Kreditgeber hinter dieser Kaufabsicht stecken, allerdings kann diese Aussage aufgrund der desolaten Finanzlage der Partei kaum ernst gemeint sein. Heißt es doch in der Thüringischen Landeszeitung außerdem, dass die Kosten für die Sanierung in die Millionen gehen.

Einen Umstand, der es den anderen Parteien also letztlich doch erlaubt, der NPD Ankündigung gelassen entgegen zu sehen. Hat es zwischenzeitlich viel mehr den Eindruck, als verberge sich hinter dem Ganzen der propagandistische Versuch, sich in der Öffentlichkeit als der eigentliche Retter des Gebäudes präsentieren zu dürfen. Dabei sollten sich schon aus historischen Gründen eigentlich ganz andere Parteien um das Gasthaus zum Mohren bemühen. Aber offenbar hat in diesem Fall, der Mohr mal wieder seine Schuldigkeit getan…

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 03.08.2002

Not macht blind

Wie der Abriß von Denkmälern Zukunft verbaut: Gotha gibt seine Standortvorteile preis

Die Zeiten sind schlecht für die ostdeutschen Baudenkmäler. Die Wirtschaftsschwäche, die Finanznot und der Wohnungsleerstand, mit denen fast alle Städte in den neuen Ländern zu kämpfen haben lassen den Erhalt von Baudenkmälern zunehmend unbezahlbar erscheinen. Denkmalpfleger, die Schonung geschützter Bauten fordern, werden zunehmend als ewiggestrige Fortschrittsverhinderer oder realitätsferne Phantasten abgetan. Vergessen wird bei alledem, daß mit den Denkmälern oft auch wirtschaftliche Standortvorteile beseitigt werden. Ein drastisches Beispiel für den drohenden Verlust von Entwicklungschancen bietet sich im thüringischen Gotha. Schon bei einem ersten Rundgang beeindrucken die Potentiale der Stadt: Gleich hinter dem Bahnhof beginnt das einstige Finanzviertel, in dem sich die pompösen Neorenaissancepaläste ehemaliger Banken und Versicherungen reihen. Es folgt der Schlossbezirk mit den barocken Schlössern Friedenstein und Friedrichsthal, der Orangerie, dem neogotischen Marstall und dem Schlosspark, danach Bauten der Wissenschaft wie das Naturkundemuseum und die Sternwarte vom Jahr 1789. Die Altstadt schließlich birgt das Winterpalais, das Prinzenpalais, dazu barocke Ackerbürgerhöfe und historische Hotels. Unübersehbar freilich ist auch die Gefahr, die diesem Gesamtdenkmal droht. Zwar sind die beiden Schlösser gepflegt und werden etliche Versicherungspaläste von der Thüringer Steuerfachschule genutzt und instand gehalten. Anderswo jedoch regiert der Verfall. Der südliche Teil der Orangerie zum Beispiel erschreckt mit zugenagelten Fenstern, das reich dekorierte barocke "Landschaftshaus" am Markt steht seit Jahren leer, und die stolzen Ackerbürgerhöfe der Schwabhäuser Straße sind in schaurigem Zustand. Jetzt wogt sogar eine Abrissdiskussion um prominente Gebäude. Eines von ihnen ist das Winterpalais, das 1822 als Wohnsitz für die Herzogin Caroline errichtet wurde und später zum Gästehaus und Verlagshaus wurde. Seit dem Auszug des letzten Nutzers, eines Jugendklubs, im Jahr 1992 steht das im städtischen Eigentum befindliche Baudenkmal leer. In diesem Jahr meldete ein Investor Interesse an. Doch wollte er das denkmalgeschützte Gebäude nicht sanieren, sondern abreißen, um an seiner Stelle ein Altenpflegeheim zu errichten. Eine entsprechende Bauvoranfrage wurde von der Stadtverwaltung dennoch positiv beschieden. Mittlerweile ist es zwar ruhiger um den Investor geworden. Doch da der Verfall des Gebäudes mittlerweile katastrophale Züge angenommen hat, könnte schon bald akute Einsturzgefahr sein Ende besiegeln. Ähnlich ist die Situation des Prinzenpalais, das 1776 als Wohnpalast des Herzogs errichtet wurde. Bis zum Jahr 2000 diente das ebenfalls der Stadt gehörende Gebäude als Jugendherberge und Jugendklubhaus. Seitdem ist es verwaist. Auch hier stellte sich ein Investor mit Altenpflegeheim-Idee ein. Er wollte zwar den Kernbau erhalten, dafür aber das sogenannte "Kavalierhaus", in dem die Hofbediensteten wohnten, beseitigen. Auch dieses Vorhaben stieß auf das Wohlwollen der Stadtverwaltung. Der Barockbau des Hotels "Volkshaus zum Mohren", dessen Ursprünge in das Jahr 1644 zurückweichen, ist ebenfalls gefährdet. Das Haus, in dem schon Goethe und Napoleon logierten, steht seit 1990 leer und wird nach dem Konkurs mehrerer Besitzer zwangsverwaltet. Inzwischen haben der Verfall und eine Brandstiftung dem Gebäude dermaßen zugesetzt, daß Gothas Baudezernent Klaus Exner auch hier den Abriß für unvermeidlich hält. Diese Pläne sind in doppeltem Sinne verheerend. Denn mit ihrer Umsetzung würden nicht nur wertvolle Bauten, sondern auch Chancen verloren gehen, sind doch diese Denkmäler Träger einer zukunftsträchtigen wissenschaftlichen und kulturellen Tradition. Vor allem während des achtzehnten und neunzehnten Jahrhunderts, als Gotha Residenzstadt des Herzogtums Sachsen-Coburg-Gotha war, förderten die Regenten Wissenschaft und Kultur auf eine noch heute staunen machende fortschrittliche Weise. Sie etablierten Bildungsstätten und Forschungseinrichtungen, installierten 1775das erste feste Theaterensemble Deutschlands, finanzierten Forschungsreisen und Stipendien, bauten naturwissenschaftliche und künstlerische Sammlungen sowie Bibliotheken und holten Wissenschaftler und Künstler in die Stadt. So entwickelte Gotha sich zu einem Zentrum der geographischen und astronomischen Forschung, des Verlagswesens und der Finanzwirtschaft, in dem 1820 die erste Versicherung Deutschlands gegründet wurde. Zugleich entstand eine kartographische Sammlung, die noch heute zu den größten Europas zählt. In Gotha wurde also genau das verwirklicht, was Stadtforscher heute zur Stärkung der Städte fordern: die Etablierung einer innovativen Wissensgesellschaft. Heute hätte Gotha dank seiner erhaltenen Baustrukturen und Kulturschätze beste Chancen, sich zum Magneten für Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft zu entwickeln. Doch solange Kürzungen, Finanznöte und Sparprogramme die Politik bestimmen, wird die Entwicklung weiterhin diese Schätze ignorieren und Perspektivlosigkeit um sich greifen lassen. (Matthias Grünzig)